Mit einem hervorragenden 6. Platz bei der Deutschen U12-Einzelmeisterschaft an Pfingsten in Willingen hatte sich unser Vereinsmitglied Dominik Laux auf dem direkten Weg für die Europameisterschaft in Mamaia in Rumänien qualifiziert. Vom 4. bis zum 15. September 2017 wurde über fast zwei Wochen der Europatitel ausgespielt. Für Dominik war es nach 2016 bereits die zweite Teilnahme an einer EM. Mit 5/9 erzielte er auf Platz 53 ein sehr gutes Ergebnis unter den insgesamt 137 Teilnehmern, was man auch daran sieht, dass er seine ELO-Wertung weiter verbessern konnte. Hier der vollständige EM_Bericht:
Anders als bei der Weltmeisterschaft spielen alle Altersklassen an einem Ort. Insgesamt sind 1121 Spielerinnen und Spieler aus 46 Nationen gemeldet. Gespielt werden in den Altersklassen U8-U18 insgesamt 12 Wettbewerbe, je sechs für Mädchen und Jungen. Auf dem Programm stehen neun Runden Schweizer System. Spielort ist das “Mamaia Expozitional Center”. Dominik von der VSG 1880 Offenbach ist in der Altersklasse U12 auf Platz 49 von insgesamt 136 Teilnehmern gesetzt.
Am 4.9.17 ging es Sonntag morgens topmotivert an den Flughafen, wo schon die erste Überraschung für die deutsche Schach-Nationalmannschaft wartete. Lufthansa hatte extra einen eigenen Schalter für die 32 deutschen Spieler eingerichtet. Die Delegation reiste bewusst frühzeitig an, um die Strapazen für die Kinder zu minimieren und um das Hotel, den Spielort, die Stadt und den Strand in Ruhe zu erkunden. So war dann auch der zweite Tag bereits ein Tag zur freien Verfügung: der Pool, das Meer und das Zentrum wurden unsicher gemacht.
Los ging es schachlich für Dominik mit den weißen Steinen gegen Torbjorn Valvag aus Norwegen. 370 ELO-Punkte trennten die beiden Spieler voneinander, weshalb Dominik für das Spiel leicht favorisiert war. Die Datenbank gab über Dominiks Gegner nicht viel her, lediglich drei notierte Partien waren verzeichnet. Dies erleichterte ihm die eigenständige Vorbereitung in der 1. Runde, in der die Spieler aufgrund der kurzfristigen Auslosung nicht von den Trainern auf die Gegner eingestellt werden. Bereits nach 1 Stunde war der ersehnte Punkt eingefahren, nachdem der Gegner einen bereits verlorenen Bauern decken wollte und dabei auch noch zusätzlich einen seiner Türme abgab. Ein guter Start ins Turnier für Dome, zumal er bereits nach 16 Zügen und knapp 1 Stunde als Erster den Turniersaal verließ und sich somit Kraft sparen konnte für die nächste Runde!
Diese sollte er dann auch benötigen. Im 2. Spiel – übrigens auf einem Livebrett – traf Dominik den auf Platz 10 gesetzten Russen Konstantin Popov, der eine stolze ELO-Zahl von 2141 aufwies. Dominik kam gut aus der Eröffnung heraus und er hatte das Spiel gut im Griff, doch Konstantin konnte sich aufgrund seiner Erfahrung noch einmal retten. Am Ende waren beide nach 43 Zügen mit der Punkteteilung hoch zufrieden.
Am Donnerstag, den 8.9.18, war das Brett 17 für Dome Ort des Geschehens, sein Gegner aus Spanien wieder mit einer ELO weit über 2000. Dominik wollte Ciro Montoya Revaliente (ELO 2073) vor Probleme stellen. Dies gelang ihm auch, bis er bei einer Zugfolge eine Möglichkeit übersah, mit der der Gegner die c-Linie öffnen konnte und dieser somit die Partie wieder in eine ausgeglichen Stellung überleiten konnte.
Nach 2 Remisen in Folge sollte in der 4. Runde wieder ein Sieg her. Doch Marcell Borhy aus Ungarn, der mit seiner ELO-Zahl von 2178 an Platz 8 gesetzt war, sollte es ihm nicht leicht machen. Am Ende konnte Dominik seinen klaren Zeitvorteil nicht nutzen und der Gegner konnte sich mit 1 Restminute gegen 40 Minuten nach hartem Kampf in ein Remis retten.
Runde 5 war nichts für schwache Nerven. Mit Khazar Babazada aus Aserbaidschan hatte Dominik wieder einen Top-Gegner, diesmal mit einer ELO von 2122. Der Vorteil im Spiel kippte einige Male hin und her, das Endspiel sollte entscheiden. Aufgrund eines Freibauerns konnte Domes Gegner im Endeffekt das Spiel für sich entscheiden und bescherte Dome die erste Verlustpartie.
Wie gerufen kam der freie Tag, um sich auf andere Gedanken zu bringen und den Akku wieder voll aufzuladen. Der Vormittag wurde für Strandspiele, Burgenbauen und Beachsoccer genutzt. Am Nachmittag gab es eine Stadtrundfahrt durch Konstanta und einen Besuch im Dephinarium.
Wie läuft eigentlich so ein typischer Turniertag bei der EM aus Sicht des Spielers ab:
8.30 Uhr: Aufstehen
9.30 – 10.00 Uhr: Frühstück
10.30 – 11.30 Uhr: eigenständige Vorbereitung auf den Gegner
11.30 – 12.30 Uhr: Vorbereitung mit Trainer David
12.30 – 13.00 Uhr: Mittagessen13.00 – 14.00 Uhr: Wiederholung der Vorbereitung
14.00 Uhr: Bus-Shuttle vom 8 km entfernten Hotel zum Spielort
15.00 Uhr: Spiel
Danach geht es mit dem Shuttle-Bus ins Hotel zurück, um direkt die Partie mit dem Trainer zu analysieren. Anschließend gibt es das wohlverdiente Abendessen und der Tag klingt mit diversen Freizeitaktivitäten aus. Zwischendurch treffen sich die Jungs aus der deutschen Delegation, um Fussball zu spielen oder den Swimmingpool bzw. den Strand unsicher zu machen.
Schachlich begann Dominik die 2. Turnierhälfte auf Platz 59 gegen den Slowenen Matic Nareks (Elo 1660). Dominik erreichte eine super Stellung, die anschließende Analyse am Laptop erreichnete einen deutlichen Vorteil von +2.0. Er hatte sein Gegner total überspielt, aber sich in dieser sehr vorteilhaften Stellung dann leider verrechnet. Somit zerfiel nach und nach sein Vorsprung und Dome hatte den 2. Verlust in Folge zu beklagen. „Erst hatte ich kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu“, meinte der Rotschopf und ging direkt nach dem Transfer zurück zum Hotel auf den Fussballplatz, um sich auf andere Gedanken zu bringen.
Runde 7 – diesmal mit den schwarzen Steinen gegen einen Rumänen namens Rares Bighiu (Elo 1676). Doch dieser hatte von Anfang an keine Gewinnabsichten. Obwohl Dominik saubere Züge ohne größere Fehler spielte, gab es kein Durchkommen gegen den Blockadeaufbau seines Gegners, der letztlich in eine dreimalige Stellungswiederholung einlenkte und so das Remis bereits im 20. Zug erzwang.
Im nächsten Spiel duellierte er sich mit einem dänischen Jungen mit einer ELO von 1660. Rasmus Emil Ryder Tonnesen bekam schwarz zugelost. Leider gab die Datenbank überhaupt nichts über ihn her, was für einen Spieler der U12 äußerst ungewöhnlich ist. Nach über 3 Stunden kam Dome aber freudestrahlend aus dem Turniersaal, wohlwissend, dass er eine saubere Partie gespielt hatte – der Sieg war eingefahren. „So kann es weitergehen, da kann man nicht meckern“, meinte der siegreiche Spieler und stieg in den Bus, der ihn zurück ins Hotel bringen sollte.
Mit Clemens Gamsa aus der Schweiz (ELO 1731) sollte das Turnier beendet werden.Die Anspannung war groß, als Dome den Turniersaal betrat, zudem die letzte Runde 2 Stunden früher begann als die übrigen Runden. Schön war jedoch, dass es keine Sprachbarrieren gab und die beiden Jungs sich locker unterhalten konnten, bis das Spiel startete. Die Freude war riesig, als das Turnier so endete wie es begann: mit einem Sieg. Freude pur war zu spüren. Die von ihm im Vorfeld als Ziel ausgegebene 50%-Quote konnte er mit 5 Punkten aus 9 Spielen somit erfüllen sowie ein leichtes Rating-Plus erzielen.
Der Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler war während des gesamtes Turniers vor Ort. Er schätzte Dominiks Spielniveau sehr positiv ein. Auch sein Trainer IM David Lobzhanidze stimmte mit dieser Ansicht überein. „Dominik hat hier in Mamaia zur Europameisterschaft sehr gute Anlagen gezeigt. Sein Spielstil ist strategisch angelegt und taktisch gut begründet.“
Die Grundlagen für die Teilnahme an der EM wurden in drei Trainingsmaßnahmen erarbeitet, die dankenswerter Weise von der Sportstiftung der Städtischen Sparkasse Offenbach gefördert wurden. Inhalte dieser Trainingsblöcke waren u.a. die Vertiefung der Variantenberechnung, die Ausnutzung des Vorteils, individuelle Eröffnungsvorbereitung und Erarbeitung von Variantenbäumen sowie das Erkennen von typischen Aufbau- und Stellungsmustern der Gegner erzielt.
Das Sportamt der Stadt Offenbach ermöglichte Gastgeschenke, die vor jeder Runde an die Gegner übergeben wurden. Den Offenbacher Heimtrainern und den Trainern des Hessenkaders, die Dominik in seiner Entwicklung von Anfang an begleiten, ist ebenfalls zu danken. Ein weiteres herzliches Dankeschön geht an IM David Lobzhanidze, der während der zwei Turnierwochen Dominik jederzeit zur Seite stand, ihn in jeder Partie perfekt auf die Gegner einstellte und sämtliche Spiele im Nachgang ausführlich mit Dominik analysierte.
Wer das Event nachverfolgen will, die European Chess Union (ECU) bietet auf der Veranstalterhomepage einen entsprechenden Ergebnisdienst an. Und hier noch ein paar weitere Impressionen:
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