Ausführlich hatten wir von der ersten Hälfte der U14w-Weltmeisterschaft in Brasilien berichtet, für die sich unsere Vereinsspielerin Sarah Neininger als Deutsche Vizemeisterin qualifiziert hatte (siehe hier). Begleitet wurde sie von unserem Vereinstrainer IM Robert Baskin und ihrem Vater, der uns einen sehr schönen Abschlussbericht der zweiten Meisterschaftshälfte geschickt hat:
“In Runde 5 bekam es Sarah mit einer starken Kubanerin zu tun, die am Ende auf Platz 15 landete. Sarah profitierte in dieser Partie von Robert Baskins Vorbereitung und konnte mit Schwarz problemlos ausgleichen und die Partie in ein ausgeglichenes Endspiel führen. Statt das letzte Leichtfigurenpaar zu tauschen und ein kaum zu verlierendes Turmendspiel zu erreichen, tauschte Sarah allerdings die Türme, was zu einem schwierigen Leichtfigurenendspiel führte, dass schließlich verloren ging.
Mit 2,5 aus 5 bekam Sarah in den Runden 6-8 dann Gegnerinnen, die vom Elo-Rating etwas schwächer als Sarah bewertet waren. Sarah konnte aus diesen Partien 2,5/3 holen. Es gelang ihr jeweils, komplizierte Stellungen aus der Eröffnung zu erreichen, in denen sie ihre taktische Stärke und Variantenberechnung ausspielen konnte. Robert führte das eine Remis in diesen drei Partien auf Sarahs frühen Damentausch zurück, der zwar Stockfishs erste Wahl war, aber der kenianischen Gegnerin ermöglichte, langfristig zäh zu verteidigen und das Remis zu erreichen.
In Runde 9 wurde Sarah gegen die ungarische U14 Meisterin mit wesentlich höherem Elo-Rating gelost. Es kam zu einem offenen Schlagabtausch. Sarah konnte eine Eröffnungsidee von Robert nutzen und die Gegnerin bald überspielen und kam zu einer Stellung, die Stockfish bereits als gewonnen für Sarah bewertet. Allerdings wäre dazu ein kompromissloser Königsangriff nötig gewesen. Sarah zauderte, übersah eine taktische Wendung und kam in eine schlechtere Stellung, die Stockfish bereits als verloren für Sarah betrachtet. Die Gegnerin übersah dann jedoch ebenfalls einen kleinen Trick und verlor dann schnell.
Mit 6 aus 9 fand sich Sarah plötzlich in den Top 20 der Tabelle wieder und traf in den beiden Schlussrunden auf sehr starke Gegnerinnen, beide mit Rating über 2000 Elo. In Runde 10 wurde für Sarah mit Schwarz ein Gambit gegen 1.d4, 2.c4 vorbereitet, um die eher positionell spielende griechische Gegnerin, Dimitra Alexandri, aus der Komfortzone zu holen. Die Gegnerin stellte möglicherweise im zehnten Zug ihre Dame auf ein nicht beabsichtigtes Feld, nämlich nach d2 statt d3,
was zwar in der Mega Database 2025 von ChessBase schon 70 Mal so geschah, allerdings erwarteten wir die Dame auf d3, was stärker ist und 650 Mal so gespielt wurde, auch früher bereits von der Gegnerin. Nach 10.Dd2 spielte die Gegnerin aber überragend stark weiter – Robert Baskin und ich waren schwer beeindruckt – überspielte Sarah und gewann schnell. Dimitra gewann dann auch die Schlussrunde und kam auf Platz 6 der Endtabelle.
In der letzten Runde wurde Sarah gegen eine starke Spielerin aus Kasachstan gelost. Sarah konnte abermals Robert Baskins Vorbereitung nutzen und bekam nach einem Theoriefehler der Gegnerin großen Vorteil. Diese wehrte sich allerdings heftig. Bald wurde Remis vereinbart und Sarah war am Strand zu sehen.
Summa Summarum erreicht Sarah mit 6,5 Punkten aus 11 Partien Platz 25, ein toller Erfolg. Gestartet war Sarah auf Platz 42. Die russische Gegnerin, gegen die Sarah in Runde 2 remis erreicht hatte, gewann die Bronze-Medaille. Sarah spielte eine Elo-Leistung von 1867 und gewinnt 41 Elo-Punkte (und ca. 50 DWZ Punkte). Das bringt sie in der Dezemberliste dann über
1800 Elo, was für Sarah wichtig ist, da sie im Staufer-Open im Januar in der A-Gruppe starten möchte, was mindestens 1800 Rating erfordert.
Auch die beiden anderen Hessen spielten ein sehr starkes Turnier: Kevin Haack in der U18 bekam sechs internationale Meister zugelost. Eine IM-Norm war lange möglich. Es klappte mit der Norm zwar am Ende nicht, aber mit einer Elo-Leistung von über 2350 gewinnt Kevin 16 Elo-Punkte. Zudem gewann er den Problemlösewettbewerb der U18 und darf sich nun
Weltmeister im Problemlösen nennen! Bennet Hagner holte 8,5 aus 11 in der U16 mit einer Elo-Leistung von über 2400. Er sah eine halbe Stunde lang wie ein sicherer Medaillengewinner der U16 aus. Er selbst stand nämlich in der Schlussrunde glatt auf Gewinn während der Weißspieler am Nebenbrett, der glatt auf Verlust stand, nicht gewinnen durfte. Das hätte so gereicht für die Medaille, selbst ein Remis an diesem Nebenbrett hätte gereicht. Bennet gewann seine Partie, allerdings verlor der Schwarzspieler am Nebenbrett völlig den Faden, ruinierte erst die Partie zu einer Remis-Stellung und verlor dann sogar noch. Sehr bitter. Bennet kam auf Platz 4, gewinnt 32 Elo-Punkte und wurde zudem Vizeweltmeister im Problemlösen der U16. Alle drei Hessen wurden vor Ort bestens von Robert Baskin vorbereitet und betreut, der wesentlichen Anteil an den Erfolgen hat und dem dafür großer Dank gebührt.
Insgesamt war es eine sehr angenehme und erfreuliche Reise nach Südamerika mit vielen schönen Erinnerungen und
Erfolgen!”
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