Wie funktioniert eigentlich eine Jugend-WM? Was macht man so den ganzen Tag, wenn nur Nachmittags gespielt wird? Dieses und vieles andere beantwortet der zweite, spannende Vorortbericht von Andreas Laux:
“Der Donnerstag (4. Runde) war für Dome ein durch und durch gelungener Tag. Im Spiel konnte er im 15. Zug eine Qualität gewinnen. Diesen Vorteil ließ er sich nicht mehr nehmen und brachte den vollen Punkt gekonnt und sicher nach Hause. Die Freude war riesengroß. Überhaupt lief es für Dominiks Trainingsgruppe optimal. Mit 3,5 aus 4 Punkten konnte der Trainer vom Deutschen Schachbund sehr zufrieden auf den Tag zurück blicken.
Dominik wird bei der WM vom erfahrenen A-Trainer FM Wolfgang Pajeken, Deutschlands Trainer des Jahres 2010, betreut. Die beiden haben sich Anfang Mai bei dem einwöchigen TASI-Lehrgang in Arendsee kennengelernt, einen weiteren 5-tägigen Vorbereitungslehrgang für die Mannschafts-EM der U12 in Lauenburg zusammen gehabt und zudem die gemeinsame Woche im FC Bayern München-Campus zur Vorbereitung genutzt. Insgesamt umfasst die Trainingsgruppe noch die spielstarken Jugendlichen vom FC Bayern, Svenja Butenandt und Quirin Walbrecht, sowie Marius Deuer aus Ulm. Alle Spieler vereint, dass sie in ihrer Altersklasse zur Top Ten Deutschlands gehören. Der Zusammenhalt in der Gruppe ist riesengroß, jeder fiebert mit den anderen mit. So konnte zum Beispiel eine Wette aus dem Vorfeld der Vorbereitung bereits mit der 1. Runde gewonnen werden. Es ging darum, dass der Trainer Wolfgang alle 4 Schützlinge zum Essen einlädt, wenn die Truppe in einer Runde komplett siegreich ist. Wir sind gespannt, wo es hingeht: amerikanischer Feinkostladen und italienische runde Fladen aus dem Steinbackofen stehen hoch im Kurs…
Jeder Tag hat seinen festen Ablauf und jeder Spieler seine festen Vorbereitungszeiten: Direkt nach dem Frühstück hat Dome das erste Training von 9.00 – 10.15 Uhr. Danach verbleiben ihm knappe 3 Stunden Freizeit, bevor es zum Mittagessen und der anschließenden Vertiefung der Vorbereitung geht. Pünktlich um 15.00 Uhr starten die Shuttlebusse, nach ca. 15 Minuten Transfer ist man am Spielort angekommen. Ab 15.40 Uhr verlassen nach und nach die Trainer und Begleitpersonen den Turniersaal. Pünktlich um 16.00 Uhr verkündet der Turnierleiter “Good round to everyone” und die Uhren dürfen angedrückt werden.
In Runde 5 folgte eine Partie gegen einen türkischen CM. Seinen Titel hat er als 7-jähriger bekommen, da er die europäische Schulschachmeisterschaft gewonnen hat. Dome gelang es im Endpsiel einen Bauern zu gewinnen, den der Gegner aber geschickt blockierte. Letztlich endete dieses Springerendspiel in einem gerechten Remis.
Dominik wurde daraufhin ein US-amerikanischer Spieler zugelost. Christopher Woojin Yoo hat südkoreanische Wurzel, bereits einen FM-Titel zu verzeichnen und ist als Setzranglistenzweiter als einer der Hauptfavoriten auf den WM-Titel angereist. Dieser sportliche Höhepunkt in Domes Schachleben erwies sich abermals als zu hohe Hürde, die er nicht überspringen konnte.
Ein weiterer CM wartete in der 7. Runde auf Dominik. Gegen den Chilenen konnte Dome wieder im Endspiel einen Bauern gewinnen, doch dem gegnerischen Turm gelang es, gefährlich auf der 2. Reihe einzudringen. Da er zudem gute aktive Steine aufweisen konnte, war er in der Lage, den figurenmäßigen Nachteil zu relativeren und über ein Dauerschach ein Remis zu erzielen.
Die gestrige Partie spielte der Offenbacher gegen einen Jungen aus Bosnien-Herzogina. Ein klassischer Slawe kam in dieser hart umkämpften Partie aufs Brett. Dome spielte als letzter deutscher Spieler im Turnierraum eine der längsten Tagespartien. Nach 4:40 Stunden trat er freudestrahlend an der Seite des Bundesnachwuchstrainers als Gewinner die Rückfahrt zum Hotel an. Damit hat er 3 Runden vor Turnierende 5 Punkte aus 8 Spielen. Heute folgt sein 2. Gegner aus Kanada, der schon einige Spieler mit einer ELO von mehr als 2100 Punkten besiegen konnte. Entspannt durch einen kurzen Ausflug in die Altstadt von Santiago de Compostela wird Dome versuchen, seinen Punktestand zu erhöhen und noch einmal ein Livebrett zu erobern.”
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